Was wir allerdings beide verpeilt haben, die Autobahn von Hamburg nach Lübeck ist teilweise gesperrt und wir sind sowieso schon spät dran.
Es geht über Dörfer und Landstraßen mit ganz vielen LKWs vor uns. Mein Freund lässt seinem leicht cholerischen Fahrerherz freien Lauf, ich trinke Bier und amüsiere mich jetzt schon prächtig. Kurz vor Lübeck schaffen wir es dann doch noch auf die Autobahn und mein Fahrer tritt kräftig aufs Gas. Ich halte das Bier mit beiden Händen fest – Safety First!
Leider kommen wir erst gegen 20:20 Uhr an und sehen nur noch die letzten 3 Songs der Vorband. Der Laden ist an diesem Freitag den 8ten November zwar auch nicht ganz ausverkauft, aber zum Glück doch sehr gut besucht.
Das was wir von der Opener Band Pinata Protest noch sehen macht sofort allerbeste Laune. Es handelt sich um eine US-amerikanische Band aus San Antonio in Texas, die musikalisch Punkrock mit texanischer und mexikanischer Musik mischt. Es ist beispielsweise ein stets präsentes Akkordeon dabei, welches zum sehr eigenen Sound maßgeblich beiträgt. Die Mitglieder haben zudem teilweise einen mexikanischen Background. Gegründet haben sich Pinata Protest laut Recherche 2006, die Texte sind in englischer und spanischer Sprache. Zum letzten Song gibt es auf Geheiß vom Sänger Alvaro Del Norte dann auch schon die erste „Wall of Death“.
Gegen 21:15 Uhr entern die Wahl-Amsterdamer aus Boston die Bühne und es formiert sich in den ersten Reihen sofort ein ziemlich wilder Pit und wir sind mittendrin. Zwei Damen in der ersten Reihe gefällt dies so gar nicht, das Pogo-Volk bekommt erst sehr böse Blicke und wird dann ordentlich angepöbelt. Vermutlich stehen die beiden seit 19 Uhr dort und kennen sich mit Konzerten dieser Art nicht so richtig aus. Am Ende hilft dann nämlich aller Protest nicht und die Damen räumen wutentbrannt ihren Platz. Der Rest der ersten Reihe blockt die teilweise nach vorne fallenden Menschen routiniert ab. Die scheinen Konzerte dieser Art zu kennen 😉 Allgemein ist die Stimmung sehr gut, die Leute singen die Texte mit und es wird wild getanzt. Alle, die ich um mich herum sehe, haben ein Lächeln auf den Lippen und wahrscheinlich haben wir auch alle einen leicht wahnsinnigen Gesichtsausdruck. Die Band selbst spult die selbe Show ab, die sie eigentlich immer abspult. Die Set-List unterscheidet sich nicht wirklich zu den letzten Auftritten, die ich dieses Jahr beim Ruhrpott Rodeo und Wutzrock von Jaya the Cat gesehen habe. Das erwartet aber auch keiner der Anwesenden, denn die Show die sie spielen macht immer riesigen Spaß und entführt einen für 1-2 Stunden in eine komplett andere Welt. Eine Welt der guten Laune und des Rausches (in jeder Hinsicht). Geoff Lagadec hat seine obligatorische Flasche Jameson auf der Bühne und trinkt gefühlt während des Konzertes locker eine halbe Flasche davon. Die Show ist wie jede Jaya the Cat Show ein ausgestreckter Mittelfinger an ein „Gesellschaftliches Leben“.
Bei Forward verliere ich meinen Gehörschutz fürs rechte Ohr. Zu der Thematik ein paar Worte am Rande: Ich habe viele Jahre keinerlei Schutz für die Ohren gebraucht, allerdings musste ich dann dieses Jahr feststellen, dass bei empfindlichen Ohren ein gewisser „Verschleiß“ einfach nicht ausbleibt, gerade wenn man sich regelmäßig in kleine Clubs mit Kapazität bis 500 Leute begibt.
Es ist daher dieser Tage schon ein beruhigendes Gefühl, wenn man nicht nach jedem Konzert Stunden warten muss, bis sich die Ohren wieder beruhigt haben.
An diesem Tag muss ich allerdings mal wieder feststellen, dass es mit Gehörschutz einfach oft weniger Spaß macht. Gerade wenn man beim Pogo schwitzt wie die Sau, so wie ich. Man fummelt im Pit die ganzen Zeit an den Dingern rum, um zu sehen ob sie noch da sind. Ich nehme den zweiten Stöpsel auch einfach raus und kann somit in der zweiten Hälfte vom Konzert endlich befreit „schubsen“.
Nach gut einer Stunde geht die Band von der Bühne und es wird „Captain Morgan“ von der Bühne aus verteilt. Dann kommt die Band nochmal für eine Zugabe auf die Bühne.
Gespielt wird erst Sweet Euro Trash und zum Abschluss eine Extended-Version von ihrem Megahit Here Come the Drums.
Bei letzterem Song ist die Prozedur eigentlich auch immer gleich, allerdings liebe ich diese jedes mal wieder aufs Neue. Der Song beschreibt die zuvor beschriebene Attitude der Band einfach perfekt und gibt mir immer ein Gefühl von Freiheit. Nach Ende des regulären Songs gibt es den Refrain nochmal in verschiedenen musikalischen Versionen uns sorgt damit für die endgültige Eskalation.
Nach der Techno-Version ist dann Schluss, das Shirt ist mal wieder Klitschnass, also brauche ich ein neues und finde auch ein sehr schönes. Die Frau am Merch grinst mich an, denn ich sehe wohl wieder mal wieder ein begossener Pudel aus und lächle „schuldbewusst“ zurück.
Wir finden sogar noch meinen verlorenen Ohrstöpsel auf dem Boden, dieser sieht allerdings genauso abgerockt aus wie wir. Bleibt zu hoffen, dass uns der gute Geoff Lagadec noch lange erhalten bleibt, beim nächsten Mal bin ich auf jeden Fall wieder dabei, wenn es am Ende wieder heißt:
Lalala……..Lalalallalalala…..Here Come The Drums