„Unser Name ist Programm!” Dorfterror kommen aus der Nähe von Trier und lassen keine Zweifel daran, dass sie mit ländlicher Idylle nicht viel anfangen können. Sie spielen melodischen Straßenpunk und vertreten eine klare Haltung. Ihr Engagement zeigt sich unter anderem bei Ihrem eigenen Festival “Konz wird laut!”. Die Band macht auf gesellschaftliche Themen wie “Demokratie statt Rechtsruck” aufmerksam und sammelte im Rahmen von “Wasser ist Leben” für die Organisation „Izulu Water“ Spenden für eine südafrikanische Schule.
Dorfterror gibt es seit 2018 und veröffentlichte nach ihrer ersten EP (2019) im August 2022 ihr Debut-Album “Zivilisation & Abgrund”. Spätestens nach dem Feature von Blaufuchs auf ihrer Single “Blaue Haare” legt die Band in der Szene rasch an Bekanntheit zu. Die Songs werden in ihrem DIY-Studio im Heimatort mit dem wunderbaren Namen Oberbillig aufgenommen, für Mixing & Mastering holen sie sich aber Unterstützung aus dem engen Umfeld dazu. Leute zu haben, die ehrliches Feedback geben, ist ihnen sehr wichtig. „Sowas hilft uns sehr dabei, die richtigen Dinge zu tun und nicht rumzustolpern“ sagt Lukas.
Dominik „Fussel“: Geschrei, Gitarre
Lukas „Elgatocastrado“: Gitarre, Backing-Vocals
Florin „Tier, das“: Schlagzeug
Julia „Chili“: Bass
„Musik zu machen gibt uns die Chance, politische und gesellschaftliche Themen zu thematisieren und in unseren Worten darzustellen. Außerdem macht es einfach Spaß, unter Freunden Songs zu schreiben und Zeit zu verbringen.“ Zudem liegt ihnen der Support von jungen Bands am Herzen. Dorfterror: „Dies passiert z.B. indem wir sie zu unserem kleinen Dorf-Festival einladen, das glücklicherweise dank Förderung über die Bundesstiftung Demokratie Leben sowohl kostenlos, sowie nicht kommerziell ist. Dafür wurde uns gemeinsam mit dem Junetko, das die Orga trägt, der Jugendengagementpreis des Landes Rheinland-Pfalz von der Ministerpräsidentin persönlich verliehen. Ist das noch Punk?!“
Auf ihrer aktuellen EP “No Future Kid“ (04/24) präsentieren uns Dorfterror unter anderem eine härtere und schnellere Version von “Flaschenpost”. Alle Songs sind inspiriert von persönlichen Erlebnissen und dem generellen Frust der GenZ, der aus fehlender Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen und Einfluss resultiert. „Beispielsweise sind Jugendparlamente grundsätzlich eine tolle Sache, jedoch sieht echte, demokratische Beteiligung anders aus“.
Der Videodreh zum Titelsong „No Future Kid“ fand in Doel statt. Dieses kleine belgische Dorf ist zwischen einem expandierenden Seehafen und einem Atomkraftwerk eingeschlossen und es wohnt heute nur noch ein Dutzend Menschen dort.
Es gibt Initiativen, diesen symbolträchtigen Ort neu zu beleben, der die Gesamtsituation so eindrucksvoll wieder gibt. Ein langer Weg. Man erinnert sich an Dörfer wie Holz oder Pesch, die dem Braunkohletagebau in NRW weichen mussten.
Der Song „Fassaden“ thematisiert die Verdrängung und Gentrifizierung vieler sogenannter dritter Räume wie Jugend- und Kulturzentren. Das Schicksal des ExHaus Trier ist auf so viele andere übertragbar; viele von uns mussten schon zusehen, wie die Türen zu Orten verschlossen wurden oder sie umziehen mussten. Passend dazu veröffentlichte Dorfterror einen Solisampler, um Spenden für das Aktionsbündnis “ExHaus Bleibt!” zu sammeln. Darauf sind Szenegrößen wie ZSK, Slime, Pascow oder Toxoplasma vertreten sowie lokale Bands, allesamt mit Bezug zur stark vermissten Kulturstätte in Trier. www.exhaus-sampler.de.
Ein spannendes Detail – ne eigentlich zwei: Es wurden dafür tatsächlich zwei Videos gedreht. Eines eher auf „Performance“ fokussiert. In einer durchgehenden Laufschrift werden viele solche kleinen Zentren benannt, die grade vor die Hunde gehen oder gingen. Die zweite Version ist ein Story-Video, in dem Dorfterror die Porta Nigra, das römische Wahrzeichen Triers, virtuell mit einer Widerstandsparole „bemalen lassen“. Und das ganze im Monty-Python-Stil, ihr wisst schon… „Das Leben des Brian“. (Anmerkung: Schaut Euch doch einfach beide an; Links im Text!).
So, und jetzt mal ganz ehrlich..
FdP: Gibt’s eine wilde Geschichte darüber, wie ihr zum Punk gekommen seid? DT: Schon als Kinder wurden Elgato und Fussel als Einschlaflieder immer Punksongs vorgesungen; auf dem ersten Konzert waren die beiden mit sieben Jahren. Die Toten Hosen waren die Einstiegsdroge, damals waren sie ja noch Punk. Bei den anderen hat sich die Liebe zur Punkmusik viel mit der Band entwickelt.
FdP: Wer (außer Muttern) hat Euch beeinflusst oder tut es noch? DT: Wir haben alle zwar ähnliche, aber doch unterschiedliche Geschmäcker. Jeder bringt beim Songwriting den eigenen Stil mit ein. Da Songs bei uns über eine größere Zeitspanne entstehen, ändern sich die Einflüsse auch ständig, was dazu führen kann, dass wir Monate nach der ersten Version eines Songs neue Ideen haben und den Song nochmal komplett umkrempeln.
FdP: Is Punk dead? DT: Punk ist nicht tot. Es gibt in der Szene eine neue Generation, die nachkommt und die ältere ablöst. Leider werden junge Bands oftmals nicht für voll genommen und müssen sich Respekt verdienen, der Älteren automatisch entgegengebracht wird. Deswegen versuchen wir auch, aktiv andere junge Bands zu supporten. In der Szene merken wir, dass an vielen Stellen Verbesserung notwendig ist. Sexismus und Diskriminierung sind leider noch präsent und das in einer Szene, die offen und progressiv sein sollte. Diese Themen werden aber vermehrt von der neuen Generation angegangen.
FdP: Erinnerungen an den ersten Auftritt? DT: Unsere allerersten Liveerfahrungen haben wir beim Karnevalsumzug im Nachbarort gemacht, wo wir auf der Ladefläche eines Transporters gespielt haben. Der erste richtige Auftritt war im Rahmen eines Schulbandfestivals. Wir waren alle extrem aufgeregt und haben jede Möglichkeit genutzt, uns auf der Bühne möglichst gut zu verstecken. Damals waren wir auch ehrlich gesagt echt schlecht, aber trotzdem stolz.
FdP: Und bei Eurem bislang außergewöhnlichstem Gig… DT: Haben wir auf einem Eierhof gespielt, wo teilweise direkt vor der Bühne und teils im Pit Hühner umher liefen. In der Nacht vorher hatte es stark geregnet, sodass der Pfad zur Bühne eine einzige Schlammrinne war. Glücklicherweise hatten die Veranstalter einen Traktor organisiert, der uns dann mit unseren Instrumenten zur Location gefahren hat.
FdP: Wie läuft bei euch so ein Tourwochenende hinter den Kulissen ab? DT: Unterwegs passieren die komischsten Dinge. Mal findet man sich mit einer befreundeten Band und einem Bier in der Hand in der Sauna wieder, manchmal diskutieren wir, ob es eine gute Idee ist, aus dem fahrenden Auto zu pinkeln, weil jemand echt dringend muss, aber kein Parkplatz weit und breit zu finden ist. Und dann isst man zusammen um 3 Uhr nachts eine Pizza, die eins zu eins nach Knete schmeckt. Im Auto haben wir da noch nicht gepennt, öfter in mehr oder weniger ranzigen Kellern und Proberäumen. Wir freuen uns eigentlich immer, wenn eine Matratze da ist.
FdP: Wo würdet ihr gern mal auftreten? DT: Ein Festival, das wir sehr ins Herz geschlossen haben, ist das Nig Rock bei Bremerhaven. Wir haben 2023 dort gespielt und die liebenswerte, extrem motivierte Orgagruppe kennengelernt. Das Festival ist von Schülern, Lehrern und Ehemaligen des dortigen Internats organisiert und man merkt wirklich, dass es mit Liebe gestaltet wird. Generell freuen wir uns immer sehr auf Events spielen zu dürfen, die von und für jungen Menschen mit viel Herz und Enthusiasmus organisiert werden.“
FdP: Was steht für 2025 an? DT: Wo ihr uns im kommenden Jahr sehen könnt, verraten wir bald – wir haben viel vor – nicht nur Livekonzerte sondern auch einiges anderes. Auch wenn Social Media generell ein schwieriges Thema ist, so hilft es uns sehr, präsent zu sein und direkt miteinander kommunizieren zu können: Daher folgt uns gerne auf unseren Kanälen. Bei https://hyperfollow.com/dorfterror gibt’s eine gute Übersicht. Wir würden uns sehr freuen euch live zu sehen!
Wir von Freunde des Punk danken Euch sehr für die spannenden Einblicke zu Euren Songs und Eurem Engagement.
Fakten
Gründung: 2018
Stil: Deutsch Punk
Bildrechte: Dorfterror