Rebellion Festival 2024 – Teil 1

Eine Liebeserklärung

Prolog – Ankunft und erster Abend:

Es war unser zweiter Besuch in dieser verrückten Stadt im Nordwesten von England namens Blackpool. Wenn man zum ersten Mal dort ankommt, ist man in der Regel erstmal geschockt. Meine Mutter und ich waren es 2009 auf jeden Fall. Auf den ersten Blick ist es die vielleicht hässlichste Stadt, die man sich vorstellen kann. Auch dieses mal blieb der Kulturschock nach Ankunft am Bahnhof nicht aus.

Rebellion Festival 2024          – Teil 1

Bildrechte auf dieser Seite: Finn Hedges

Leerstehende und zerstörte Häuser, leerstehende Geschäfte und die (im Nordwesten leider ziemlich verbreitete) offensichtliche finanzielle Armut. Dazu unglaublich viele Eltern, die selbst oft gerade mal volljährig zu sein schienen. Sprich, mehr Punk geht eigentlich nicht!

Dann Fußmarsch zur Unterkunft. 50 Pfund pro Nacht und 5 Minuten vom Winter Garden – der Location „where it all happens“ – entfernt. Für den Preis haben wir nicht viel erwartet, Name „Balkan Hotel“.

Dann allerdings super lieb begrüßt worden. Zimmer gemütlich und Dusche warm, was will man mehr. Dazu unten eine schöne Kneipe, die in den nächsten Tage noch für legendäre Abende sorgen sollte 🙂

Schon nach wenigen Stunden waren wir wieder überwältigt von der Freundlichkeit, dem Humor und der Herzlichkeit, welche die Menschen in Blackpool ausstrahlen. Irgendwie komisch. Da wo es den Menschen nicht so gut geht erlebt man oft viel mehr Liebe und Zusammenhalt, als bei den Menschen „mit Geld“.

Allerdings unterscheidet sich der allgemeine Umgang in England auch drastisch von dem in Deutschland. Die Mehrheit der Leute sind einfach viel freundlicher, offener und lockerer. Man könnte auch sagen: den ganzen Tag labern einen wildfremde Menschen an ;). Das kann man gut oder schlecht finden. Für mich als Norddeutschen ist es schon sehr ungewohnt, aber auch erfrischend.

Das „Schöne“ an Blackpool ist, dass das Meer quasi direkt vor der Tür ist.

Am Pier kann man super Bier trinken und aufs Wasser schauen. Morgens gab es dann immer Tesco Sandwiches und das legendäre Irn-Bru (schottische Brause/Energy Drink) am Strand. Gut und günstig.

Info am Rande. Das eigentliche Festival geht von Donnerstag bis Sonntag. Allerdings konnte man Mittwochabend schon sein Festivalbändchen holen und T-Shirts kaufen. Haben wir auch gemacht. Hat den Start am Donnerstag deutlich erleichtert.

Tag 1

Nach zuvor beschriebenem – täglich gleichen – Frühstück und einem kalten Staropramen im Balkan Hotel ging es endlich los. Das Festival findet im riesigen „Winter Garden“ statt. Die Location wird oft auch als Center für Kongresse, aber auch für normale – meist klassische – Konzerte verwendet. Der „Garden“ verfügt über 7 „Clubs“ und einen Pub. Die „Clubs“ unterscheiden sich allerdings deutlich und sind teilweise auch „ursprünglich“ gar nicht als Clubs gedacht gewesen. An diesem Wochenende spielen allerdings überall Bands. Insgesamt ca. 340. Natürlich mit riesigen Überschneidungen, da fällt die Auswahl gar nicht so leicht.

Ich muss ehrlicherweise zugeben, dass ich zu Beginn meiner Recherche zum Line-Up vielleicht 5 Prozent der Bands kannte. Allerdings habe ich mir über Monate von „allem was interessant klang“ Songs und Alben angehört und hatte einen ziemlich genauen Plan, wen ich sehen wollte.

A Void – im Opera House

Der erste Gig den wir besuchen startet bereits um 12 Uhr mittags. Wir staunen nicht schlecht, als wir aus dem Flur den Laden betreten. Eine richtige Oper, mit einem Fassungsvermögen von knapp 3000 Zuschauern. Man kann allerdings unten auch direkt vor der Bühne stehen. A Void sind eine sehr junge Band mit einer sehr aufgeregt wirkenden Sängerin. Der Sound ist dreckiger Grunge. Tolle Stimme und viel Energie. Zudem merken wir sofort, wie grandios die Akustik ist. Ein schöner Auftakt.

Chaos 8 im Empress Ballroom

Um 13 Uhr geht es direkt weiter mit der nächsten Band. Wir sehen zum ersten mal den „Empress Ballroom“ und uns steht erstmal für ein paar Minuten der Mund offen. Eine unfassbar schöne, sehr alte Location mit einem Fassungsvermögen von gut 3000 Zuschauern. Es gibt eine kleine Tribüne und unten eine riesige Tanzfläche. Chaos 8 sind auch toll. Wieder eine Sängerin, politischer Punk Rock mit Elektro Elementen, der voll auf die Fresse geht.

Yur Mum im Empress Ballroom

Ein brasilianisches Duo aus London. Frau an Gesang und Gitarre/Bass, Mann am Schlagzeug. Ähnlich wie bei Chaos 8 wieder Punk Rock mit Elektro Elementen, der nach vorne geht. Sehr stark!

Pete Pentham & The Dinner Ladies im Empress Ballroom

Eine große Band, bestehend aus drei Damen und drei Herren. Vier davon sind für die Musik zuständig (Mann am Gesang). Diese ist ziemlich Rock & Roll lastig mit sehr lustigen Texten. Zwei der Damen ziehen dazu eine sehr verrückte Tanzshow ab. Muss man selbst mal gesehen haben.

Schwer zu beschreiben, sehr einzigartig.


The Ramonas im Empress Ballroom

Die einzige von den Ramones offiziell als Coverband anerkannte Frauen Punk Band aus England sind die ersten, die den Laden richtig zum kochen bringen. Natürlich auch nicht schlecht, wenn man als Opener einfach mal Blitzkrieg Bop spielen kann. Im weiteren Verlauf beweisen sie aber, dass sie auch sehr gute eigene Songs haben. Anschließend bin ich zum ersten Mal klitschnass.

Moshpit lässt grüßen 🙂

The Meffs im Empress Ballroom

Wenn man schon nass ist, dann kann man es auch bleiben. So mein Motto für diese anschließende Show. Die Meffs hatte ich dieses Jahr schon zwei mal gesehen und mag sie total. Wieder ein Duo. Gitarren/Bass spielende Sängerin und Schlagzeuger. Absolut straighter „in your Face“ Punk Rock, mit – es zieht sich durchs ganze Wochenende – sehr politischen Texten. Ein absoluter Abriss!

Anschließend entscheiden wir uns für eine Essenspause, bevor es zu unserem letzten Konzert für heute geht, da inzwischen auch mein Shirt tropft.

UK Subs im Empress Ballroom

Gestärkt nach 2-3 Pints am Pier und Fish and Chips geht es weiter zu den UK Subs. Eine Band von der ich ehrlich gesagt, bis vor kurzem auch noch wenig kannte und die ich dort zum ersten Mal bewusst live sehen konnte. Es war dann tatsächlich das absolute musikalische Highlight des Jahres. Es ist einfach unglaublich, wie Charlie mit seinen 80 Jahren noch die Hütte so locker abreißt, als wäre es das normalste der Welt.

Anschließend ein Absacker im Balkan Hotel. Die Füße meine Mutter haben die Schnauze voll für heute und die Anreise steckt uns auch noch in den Knochen. Daher gehen wir auf „einen“ Drink in unsere „Hotel Kneipe“. Wir freunden uns sofort mit dem Barkeeper Phil an. Dann kommen immer mehr Punks zu uns an den Tresen.

Wir reden über das Leben, die Musik und die Freiheit. Dazu macht Phil ziemlich gute Musik auf YouTube an. Bevor wir uns versehen sind drei Stunden vergangen und wir taumeln ziemlich besoffen ins Bett.

Müde aber glücklich!

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